Was ist dran am „Inflations-Tief“?

Kaum ein Stichwort löst bei deutschen Anlegern mehr Besorgnis aus als „Inflation“. Der schleichende Geldwert- und damit zugleich auch Kaufkraftverlust hat sich in den Köpfen als Schreckgespenst festgesetzt, seit die Hyperinflation der frühen 1920er Jahre viele Vermögen in Deutschland vernichtet oder zumindest drastisch reduziert hat. Auch wenn das inzwischen rund 90 Jahre her ist, beherrscht die Angst vor Inflation das Denken vieler Anleger nach wie vor in erheblichem Maße. Dazu trugen in jüngster Vergangenheit vor allem die Schuldenkrise und die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bei. Und in der Tat: Wer die Inflation beim Sparen und Anlegen außer Acht lässt, muss auf lange Sicht möglicherweise erhebliche Wertverluste hinnehmen. Doch wie real ist die Inflationsgefahr im Moment wirklich?

Blick aufs Detail zeigt differenziertes Bild

Auf den ersten Blick scheint Inflation in Deutschland zurzeit kein Thema zu sein. Nach vorläufigen Schätzungen des Statistischen Bundesamtes ist die Jahresteuerung im April auf 1,2 Prozent zurückgegangen, nachdem sie März bei 1,4 Prozent gelegen hatte. Damit hätte die Inflation den niedrigsten Stand seit dem September 2010 erreicht und liegt weiterhin deutlich unter der von der EZB angepeilten Zielmarke von 2,0 Prozent.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber, dass es stark von individuellen Konsumgewohnheiten und Lebensumständen abhängt, inwieweit sich die geringe Inflation tatsächlich bemerkbar macht oder ob das „gefühlte“ Preisniveau nicht vielmehr deutlich anzieht. So wurden Pauschalreisen zum Beispiel spürbar billiger, und auch die Heizöl- und Spritpreise sorgten tendenziell für Entlastung. Im Gegenzug verteuerten sich allerdings Nahrungsmittel um immerhin 4,1 Prozent, wovon vor allem Fleisch sowie Obst und Gemüse betroffen waren. Wer gut und gern isst, wird das aktuelle Inflations-Tief also möglicherweise kaum bemerken – sofern er oder sie für den Sommerurlaub nicht eine Pauschalreise bucht.

Uneinheitliche Situation bei Anlagen

Bei Kapitalanlagen machen sich geringe Inflation und niedrige Zinsen insofern negativ bemerkbar, als mit festverzinslichen Wertpapieren (Anleihen) und ähnlichen Anlageformen keine attraktiven Renditen mehr erzielbar sind – es sei denn, man ginge deutlich höhere Risiken ein. Allerdings gibt es auch Bereiche, in denen zuletzt durchaus erhebliche Preissteigerungen zu verzeichnen waren. Zu nennen sind hier insbesondere Aktien, aber auch Immobilien, bei denen die Preise zuletzt kräftig anzogen. Daher ist doppelte Vorsicht geboten.

  • Anleger sollten angesichts des Renditeverfalls nicht leichtfertig dazu übergehen, deutlich größere Risiken zu akzeptieren als bisher.
  • Vor einem Neuengagement am Aktien- oder Immobilienmarkt genau prüfen, ob der aktuell geforderte Preis nicht eventuell schon einen großen Teil der erhofften Wertsteigerungen und laufenden Erträge vorwegnimmt.

Weitere Informationen:
Reale Inflation: Markenbutter um 53 Prozent teurer als vor einem Jahr
(Deutsche Wirtschaftsnachrichten 10.05.2013)

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Kommentare

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Ein Kommentar zu “Was ist dran am „Inflations-Tief“?”

  1. Alfred sagt:

    Die Inflation ist in der Tat noch nicht wirklich spürbar, doch das bedeutet nicht, dass keine ansteht. Die Ungewissheit plagt viele Menschen, nicht nur in Deutschland sondern europaweit. Die 2% Marke der EZB ist auch kein Beinbruch, es ist allerdings wichtig, zwischen nominalen und realen Returns bei Festgeld oder anderen Anlagen zu verbuchen. Clevere Anleger profitieren von der wirtschaftlichen Situation.

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